Depressionen: Wenn die Energie zum Leben fehlt

Foto von Mann im Bett, der sich traurig in die Decken hüllt

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Keine Diagnose ist bei den Klient:innen von pro humanis so häufig wie die Depression. Das verwundert wenig – ist sie schließlich eine der am weitesten verbreiteten psychischen Erkrankungen weltweit. In diesem Beitrag haben wir euch die wichtigsten Informationen zu Depressionen gesammelt und geben Tipps für die Begleitung depressiver Klient:innen.

Was eine Depression ist, gilt als gemeinhin bekannt. Trotzdem wird sie oft nicht als das wahrgenommen, was sie ist: Eine ernstzunehmende und je nach Schweregrad lebensbedrohliche Krankheit.

Eine weit verbreitete Erkrankung

Die Depression ist nicht nur eine der bekanntesten, sondern auch eine der am weitesten verbreiteten psychischen Krankheiten. Weltweit sind laut Schätzungen der WHO mehr als 350 Millionen Menschen betroffen – in Österreich laut dem Berufsverband Österreichischer Psycholog:innen ~730.000 Menschen (Stand 2023).

Bild von Österreich-Karte, rot-weiß-rot eingefärbt

Alleine in Österreich sind (Stand 2023) rund 730.000 Menschen von einer Form der Depression betroffen

 

Seit dem Beginn der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 lässt sich ein erhöhter Bedarf an psychosozialen Versorgungsmöglichkeiten im gesamten Land feststellen. Besonders junge Menschen litten an den Folgen der Pandemie. Multiple Krisen wie der Klimawandel, die Teuerung und Kriege im Ausland belasten weiterhin viele Menschen.

Geistige Ermüdung

Eine Depression ist gekennzeichnet durch dauerhaft negative Verstimmung und einem Interessensverlust an Beziehungen und Tätigkeiten, die der betroffenen Person einst wichtig waren. Was früher Freude bereitete, wird als anstrengend und mühsam empfunden – sich selbst für etwas zu begeistern, fällt depressiven Personen schwer.

Je nach Schweregrad der Erkrankung können Betroffene deshalb gewissen Tätigkeiten nicht mehr nachgehen – vom Treffen mit Freund:innen angefangen bis hin zur Ausübung des Berufes.

Aufgrund des geringen Antriebs und der Schwierigkeit, Freude zu empfinden, ziehen sich Menschen mit Depressionen meist zurück, was nicht selten zu Unverständnis und Konflikten im sozialen Umfeld führt. Viele depressive Menschen vereinsamen auf diese Weise. Für sie ist Sozialbegleitung eine wertvolle Stütze.

 

Weitere Symptome einer Depression können sein:

•    Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls
•    unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle
•    wiederkehrende Gedanken an Tod, Suizid oder suizidales Verhalten
•    vermindertes Denk- oder Konzentrationsvermögen, Gefühl der Unentschlossenheit
•    übermäßiges Bewegungsbedürfnis und starke innere Anspannung und Unruhe ODER verzögerte Reaktionen, langsame Bewegungen und reduzierte Mimik
•    Schlafstörungen
•    Appetitverlust oder gesteigerter Appetit mit entsprechender Gewichtsveränderung
•    Gefühl der Hoffnungslosigkeit

Psychische Erkrankungen sind trotz ähnlicher Symptomatik bei keinen zwei Personen genau gleich. Aus diesem Grund unterscheidet man in der Psychologie Depressionen nach der Art des Verlaufes und dem Schweregrad.

Die verschiedenen Verlaufsformen einer Depression

Depressionen können sich in Dauer und Häufigkeit einzelner depressiven Episoden unterscheiden. Unter einer depressiven Episode versteht man die Zeitspanne, in der die depressive Symptomatik durchgehend vorhanden ist.
Manche Personen erleben im Laufe ihres Lebens eine depressive Episode und sind nach deren Ende symptomfrei. Im Durchschnitt dauert eine depressive Episode zwischen sechs und acht Monaten, kann aber durch professionelle Behandlung deutlich verkürzt werden.

Bei anderen Betroffenen bleibt es nicht bei einer Episode – sie durchlaufen immer wieder depressive Phasen. Die Abstände dazwischen können unterschiedlich lang oder kurz sein. Man spricht dann von der Rezidivierenden Depression. Es kann auch vorkommen, dass depressive Symptome nicht mehr vollständig verschwinden, sondern in verminderter Stärke für längere Zeit bestehen bleiben, als eine depressive Episode normalerweise dauert. Hält die Symptomatik ununterbrochen für länger als zwei Jahre an, handelt es sich um eine Chronische Depression. Eine Subkategorie dieser stellt die Dysthymie dar: Die von ihr Betroffenen haben chronisch leichte bis mittelschwere depressive Symptome.

 

Infografik zu den möglichen Verlaufsformen von Depressionen

 

Unterscheidung durch Schweregrad

Hier kommen wir zur zweiten Unterscheidungsart von Depressionen: dem Schweregrad. Er hängt davon ab, wie viele der depressiven Symptome laut ICD-10 eine Person hat.
Bei einer leichten Depression müssen mindestens zwei Haupt- und ein Zusatzsymptom vorhanden sein, bei einer mittelgradigen zwei Hauptsymptome und drei Zusatzsymptome. Bei einer schweren Depression müssen alle Hauptsymptome zutreffen, sowie fünf Zusatzsymptome.

Der Schweregrad und die Verlaufsform einer Depression werden von Psychiater:innen oder Psycholog:innen festgestellt.

Depressionen in der Sozialbegleitung

„Im Rahmen der Sozialbegleitung von Personen mit Depressionen ist es besonders wichtig, keinen Druck aufzubauen“, erklärt Fachbereichsleiterin von pro humanis Birgit Golds-Duarte. Für depressive Klient:innen sei es in schweren Phasen schlichtweg unmöglich, gewissen Tätigkeiten nachzugehen oder lange Gespräche zu führen. „Es ist ganz wichtig, dann nicht enttäuscht zu reagieren. Niemand sucht sich aus, depressiv zu sein und diese Dinge nicht mehr machen zu können“, so Golds-Duarte.

Statt mit gewissen Vorschlägen und Erwartungen in die Begleitung zu gehen (beispielsweise: „Heute gehen wir aber schon einmal hinaus spazieren, oder?“ oder „Bei so einem schönen Wetter kannst du drinnen bleiben?“) solle man lieber den Betroffenen die Wahl lassen, wie sie die gemeinsame Zeit verbringen möchten. Dabei sei es wichtig, nicht zu vermitteln, es gebe eine falsche Antwort.

Es liege an den Sozialbegleiter:innen, flexibel zu bleiben und die scheinbare Trägheit eines Klienten / einer Klientin nicht zu verurteilen. „Depressive Menschen wissen, was alles nicht geht. Meistens machen sie sich große Vorwürfe und haben ein schlechtes Gewissen deswegen“, erklärt die Fachbereichsleiterin. Sie sollten nicht das Gefühl bekommen, dass sie ihre:n Begleiter:in enttäuschen – das erzeuge nur noch weitere negativen Emotionen.

 

Foto von einem Mann und einem Teenager

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„Für depressive Klient:innen kann es dafür sehr bereichernd sein, wenn ein:e Begleiter:in durch verschiedene Phasen der Depression für sie da ist, ohne sie zu verurteilen. In sonnigeren Phasen ist es vielleicht möglich, gemeinsam hinauszugehen und lange Gespräche zu führen. Wenn die Symptome stärker ausgeprägt sind, sollte das aber auch kein Problem darstellen. Sich trotzdem zu treffen, auch wenn das dann nur heißt, schweigend neben der Person zu sitzen und etwas zu lesen, macht einen großen Unterschied.“, sagt die Fachbereichsleiterin. So könne man den Betroffenen zeigen, dass sie gemocht und geschätzt werden, egal, wie es ihnen gerade geht. Diese Wertschätzung von außen wirke bekräftigend und helfe bei der eigenen Selbstakzeptanz.

„Menschen mit schweren Depressionen zu begleiten kann sehr herausfordernd sein“, versteht Golds-Duarte. Bei Schwierigkeiten rund um die Sozialbegleitung sind die Fachbereichsleiterinnen von pro humanis von Montag bis Freitag von jeweils 9 bis 13 Uhr erreichbar. Zusätzlich gibt es das Angebot der kostenfreien Supervisionen, bei denen in der Begleitung anfallende Probleme oder negative Gefühle behandelt werden.